Helene Schmalfeld im Interview: "Es braucht Vorbilder"

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt (FSA) hat sich für die kommenden vier Jahre das Ziel gesetzt, mehr Frauen und Mädchen für den Amateurfußball zu begeistern. Eine, die bereits in vielfältigen Funktionen im Fußball aktiv ist, ist Helene Schmalfeld vom SV Blau-Weiß Dölau. Im Interview spricht die engagierte Trainerin über ihren Werdegang im Verein, die Herausforderungen als Übungsleiterin einer Herrenmannschaft und die Entwicklungspotenziale im Frauen- und Mädchenfußball.

©FSA / Als Spielerin und Trainerin aktiv: Helene Schmalfeld vom SV Blau-Weiß Dölau.

Frau Schmalfeld, Sie sind aktuell die einzige Trainerin im Herrenspielbetrieb auf Landesebene. Wie kam es zu dieser Konstellation?

Helene Schmalfeld: Ich habe selbst zehn Jahre lang bei den Jungs gespielt, weshalb es für mich naheliegend war, auch eine Jungsmannschaft im Nachwuchsbereich zu trainieren. Über eine Co-Trainerstelle bei der B- und A-Jugend bin ich schließlich als Co-Trainerin zu den Herren gewechselt. Nach verschiedenen Trainerkonstellationen habe ich schließlich die Rolle der Haupttrainerin übernommen. Eigentlich wollte ich damals noch mehr Erfahrung sammeln – aber bekanntlich wächst man mit seinen Aufgaben.

Welche Herausforderungen haben Sie auf Ihrem Weg als Frau im Herrenfußball erlebt?

H.S.: Es ist wohl leicht vorstellbar, dass man als Frau im Fußball oft „die Eine“ unter vielen Männern ist. Natürlich hat mir meine eigene Erfahrung aus der Jugend geholfen, aber ein dickes Fell braucht man definitiv. Das beginnt bei kleinen Kommentaren, wenn man den Platz betritt, und reicht bis zu beleidigenden und sexistischen „Old-School“-Sprüchen. Als Frau muss man immer wieder beweisen, dass man seinen Posten verdient hat, weil einem häufig unterstellt wird, „keine Ahnung zu haben“. Oft kommt es vor, dass Spieler zunächst für den Trainer gehalten werden – bis sie auf mich verwiesen werden. Die Reaktionen darauf sind jedes Mal Entertainment pur.

Warum sollten sich Ihrer Meinung nach mehr Frauen ehrenamtlich im Fußball engagieren?

H.S.: Ich finde, jeder sollte sich aus Leidenschaft ehrenamtlich engagieren. Es ist eine Tätigkeit, die nicht nur anderen viel gibt, sondern auch die eigene Persönlichkeit weiterentwickelt. Außerdem bietet sie eine großartige Plattform für den Austausch und den Aufbau eines Netzwerks. Frauen sollten dabei insbesondere andere Frauen unterstützen.

Drei Tage lang hatte die DFB-Stiftung Egidius Braun zur „GOAL, GIRL!“-Akademie eingeladen. Eine Fortbildung für jede Frau, die sich bereits erfolgreich in ihren Vereinen engagiert. Fachwissen über Vereinsmanagement, Öffentlichkeitsarbeit sowie die persönliche und engagierte Weiterentwicklung standen im Fokus. Welche Eindrücke haben Sie mitgenommen?

H.S.: Ich kann kaum in Worte fassen, wie inspirierend und motivierend dieses Wochenende war. Unsere Gruppe hat so viel Power und positive Energie vereint. Ich denke, wenn es uns gelingt, dieses Engagement und Know-how an den richtigen Stellen einzubringen, sieht die Zukunft sehr vielversprechend aus. Vor allem habe ich gelernt, dass wir Frauen – ob im Fußball, im Sport oder in der Arbeitswelt – uns nicht verstecken müssen. Wir verdienen unseren Platz genauso wie jeder andere und dürfen stolz auf unsere Leistungen sein.

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Welche Barrieren bestehen Ihrer Erfahrung nach für Frauen, die sich im Fußball engagieren wollen?

H.S.: Der wohl größte Punkt ist die geringe Angebotsdichte. Aufgrund der wenigen Mannschaften müssen Frauen oft längere Wege in Kauf nehmen, da es nicht immer möglich ist, im „Dorf nebenan“ ins Training einzusteigen. Zudem ist die Präsenz von Frauen im Fußball leider noch sehr gering, was für viele eine zusätzliche Einstiegshürde darstellt. Selbst wenn diese überwunden wird oder man die richtige Unterstützung findet, fehlt es oft am Vertrauen. Noch immer gibt es das Vorurteil, dass Frauen im Fußball nichts zu suchen haben. Dieses Vorurteil auszuräumen, während man einfach nur seinem Hobby nachgehen möchte, schreckt viele ab. Hinzu kommen die alltäglichen Herausforderungen, wie die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Hobby.

Wie könnten Vereine dazu beitragen, Mädchen frühzeitig für den Fußball zu begeistern?

H.S.: Wir sollten meiner Meinung nach präsenter in Schulen sein und dort gezielt Werbung machen. Es braucht Vorbilder, damit Frauen im Fußball schon bei Kindern als selbstverständlich wahrgenommen werden. Auch die Verbände sollten Frauen mehr Sichtbarkeit verleihen. Am Ende geht es darum, die Standards zu verbessern: bessere Trainingsbedingungen, mehr Sponsorenmöglichkeiten und vor allem ein Mitspracherecht bei Themen, die Frauen im Verein oder Verband betreffen.

Wie wichtig sind Vorbilder im Fußball, um Mädchen zu motivieren?

H.S.: Vorbilder sind für mich unverzichtbar. Sie zeigen Möglichkeiten auf, über die viele vielleicht noch gar nicht nachgedacht haben. Ich bin sehr dankbar für die Vorbilder und Unterstützer, die mich ermutigt haben, weiterzumachen, und versuche, genau das weiterzugeben.

Sehen Sie Synergien zwischen Herren- und Frauenmannschaften in Vereinen?

H.S.: In meinem Heimatverein sehe ich diese Synergien ganz klar. Das liegt sicher auch daran, dass ich als Trainerin der Herren und Spielerin der Frauen eine zentrale Schnittstelle bilde. Aber auch in anderen Vereinen finde ich es großartig zu beobachten, wie sich Jugend-, Herren- und Frauenmannschaften gegenseitig unterstützen. Genau das ist es, was den Amateursport ausmacht: eine zweite Familie, die sich in guten und schlechten Zeiten gegenseitig stärkt und gemeinsam weiterentwickelt.

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Alles zum Strategiepapier DFB-Assist beim FSA wird am Freitag (06.12.) veröffentlicht.

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