Nina Räcke im Interview: "Fußball ist für alle da"
Den Traum, in der Bundesliga zu spielen, hat sich Nina Räcke erfüllt. Die Abwehrspielerin trägt seit 2023 das Trikot von RB Leipzig in der höchsten Spielklasse des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Ihre ersten fußballerischen Schritte machte die heute 23-Jährige im Jerichower Land. Im Interview spricht Räcke über ihre ersten Stationen beim SV Theeßen 85, ihren Werdegang über den Magdeburger FFC bis ins Oberhaus des deutschen Frauenfußballs sowie über die Entwicklung des Frauen- und Mädchenfußballs.
©RB Leipzig/motivio / Nina Räcke kickte in der Jugend in Theeßen sowie Burg und läuft aktuell in der Bundesliga für RB Leipzig auf.
Frau Räcke, hätten Sie als kleines Mädchen gedacht, einmal in der Bundesliga der Frauen aufzulaufen?
Nina Räcke: Ehrlicherweise habe ich als kleines Mädchen nie wirklich daran gedacht, dass ich mal Fußballprofi werden könnte. Auch als ich auf dem Internat war und dafür trainiert habe, war mir das nicht so bewusst. Ich wusste zwar, dass es eine Nationalmannschaft gibt, aber das Ziel, Fußballprofi zu werden, hatte ich nie so richtig auf dem Schirm, bis es dann wirklich soweit war.
Welche Hürden mussten Sie auf dem Weg in die Beletage des Fußballs nehmen?
N.R.: Ein großer Punkt war immer meine Schnelligkeit, denn da wurde mir oft gesagt, dass sie nicht ausreiche. Das höre ich auch heute noch manchmal, aber irgendwie klappt trotzdem alles. Am Anfang gab es noch viele Stereotype, und es wurde oft über den Frauenfußball gelächelt. Das hat sich mittlerweile aber extrem verändert, die Wahrnehmung ist heute eine ganz andere.
Herausfordernd waren für mich auch die häufigen Umzüge durch die Vereinswechsel. Freunde zurückzulassen, sich neu einzuleben und sportlich immer wieder zu beweisen, sind in diesem Beruf einfach Dinge, die dazugehören. Diese Herausforderungen nehme ich aber gerne an. Ich hatte allerdings keine größeren Hürden, da ich viel Unterstützung von meiner Familie und dem Fußballverband Sachsen-Anhalt erhalten habe. Ich bin sehr dankbar, dass ich an der Sportschule sein konnte und in meinen Vereinen immer bestmöglich gefördert wurde.
Blicken wir einmal auf Ihre Anfänge auf dem Fußballplatz zurück. Können Sie sich noch an die Zeit beim SV Theeßen und den Burger BC 08 erinnern?
N.R.: An meine Zeit in Burg und Theeßen kann ich mich noch sehr gut erinnern. Es war immer eine tolle Zeit, und dort habe ich den Fußball lieben gelernt. Meistens war ich das einzige Mädchen, das fand ich irgendwie cool, weil ich mich so zwischen den Jungs beweisen konnte. Sie waren immer nett zu mir, aber natürlich hätte ich es schön gefunden, wenn noch mehr Mädchen dabei gewesen wären.
Der FSA hat in den zurückliegenden Monaten klare Ziele und Handlungsempfehlungen für die Entwicklung des Frauen- und Mädchenfußballs sowie der Stärkung des Ehrenamts durch Frauen gesteckt. Wie bewerten Sie diesen Prozess?
N.R.: Die genauen Ziele habe ich ehrlich gesagt noch nicht kennengelernt. Aber ich sehe, was daraus folgt, zum Beispiel auf den Social-Media-Kanälen des FSA und das geht definitiv in die richtige Richtung. Frauenfußball gewinnt immer mehr Aufmerksamkeit, und gerade die Sichtbarkeit des Mädchenfußballs ist enorm wichtig. Wir müssen junge Mädchen motivieren, Fußball zu spielen, und sie ermutigen, sich auch als Mädchen in einer Jungenmannschaft zu behaupten. Mehr Engagement ist immer besser, da gibt es kein „zu viel“.
Was wären aus Ihrer Sicht noch Ansatzpunkte, um mehr Mädchen für den Fußball zu gewinnen?
N.R.: Es gibt viele gute Ansätze, die schon umgesetzt werden, zum Beispiel die bereits angesprochene verstärkte Sichtbarkeit. Alles, was die Wahrnehmung erhöht, trägt dazu bei, dass mehr Mädchen sich trauen, den Weg auf den Platz zu finden. Es bleibt aber auch ein gesellschaftliches Thema. Wir müssen weiterhin daran arbeiten, das Bild zu verändern, dass Fußball ein Männersport sei. Fußball ist für alle da, unabhängig von Herkunft, Religion oder Geschlecht. Dieses Umdenken findet bereits statt, aber da gibt es noch viel Potenzial.
Können dabei auch mehr Trainerinnen eine Chance sein, die Begeisterung zu stärken?
N.R.: Das kann ich gar nicht so genau sagen, weil ich selbst bisher nur selten Trainerinnen hatte. Aber ich denke schon, dass sie einen positiven Einfluss haben können. Frauen könnten in dieser Rolle vielleicht einen besseren Zugang zu Mädchen haben und damit Begeisterung wecken. Für Kinder ist aus meiner Sicht das Wichtigste aber, dass sie Spaß am Fußball haben, unabhängig davon, wer an der Seitenlinie steht. Trotzdem wäre es schön, wenn es mehr Trainerinnen gäbe. Sie könnten selbst Vorbilder sein und zeigen, dass Frauen im Fußball repräsentiert sind. Ich glaube aber nicht, dass dies der alleinige Schlüssel ist.
Und zum Abschluss noch die Frage, ob Sie noch Kontakt zu Mitspielerinnen aus Ihrer Zeit beim Magdeburger FFC haben?
N.R.: Ja, ich habe noch Kontakt, auch wenn die Zeit in Magdeburg mittlerweile etwas zurückliegt. Leider verliert man sich ein wenig aus den Augen, aber ich verfolge ihre Spiele weiterhin und freue mich, wenn sie gewinnen. Ich hoffe, dass ich demnächst die Gelegenheit habe, bei einem Spiel vorbeizuschauen.
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Alles zum Strategiepapier DFB-Assist beim FSA wird am Freitag (06.12.) veröffentlicht.