Internationalen Tag gegen Rassismus: Teil 7 der FSA-Interviewreihe

Zum heutigen „Internationalen Tag gegen Rassismus“ (21.03.2025) erscheint der siebte Teil unserer Interviewreihe „Fußball ohne Grenzen“. Unsere Gesprächspartner sind Trainer Max Kirbis und sein Kapitän Daniel Andres Ramon Fernandez vom FC International Magdeburg. Beide berichten aus ihrer jeweiligen Perspektive, wie sie Rassismus im Fußball begegnen und welche Erfahrungen sie gemacht haben.

©FSA / Max Kirbis (l) und Daniel Andres Ramon Fernandez (m) vom FC International Magdeburg standen Stefanie Dreißig vom FSA Rede und Antwort.

Max, du hast den Verein FC International Magdeburg im März 2022 mit ein paar Freunden gegründet. Du bist außerdem Vorstandsvorsitzender, Trainer und Schiedsrichter. Was hat dich dazu bewogen, den Verein ins Leben zu rufen?

Die ursprüngliche Idee war, wieder eine Mannschaft zu trainieren. Allerdings fand ich kein Team, hinter dem ich zu 100 Prozent stehen konnte. So entstand der Gedanke, einen eigenen Verein zu gründen. Ich habe mich darüber informiert, was dafür nötig ist – und es stellte sich heraus, dass es gar nicht so viel war, zumindest kam es mir so vor.

Die Jungs im Vorstand waren sofort begeistert, und auch die internationale Ausrichtung des Vereins war schnell beschlossen. Seitdem geht es stetig voran: Unsere Mitgliederzahl ist auf knapp 60 gewachsen. Bereits im ersten Jahr sind wir direkt in die Stadtoberliga aufgestiegen, wo wir hoffentlich auch in der nächsten Saison spielen werden. Zudem engagieren wir uns sowohl auf als auch neben dem Platz für die Integrationsarbeit.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich herzlich bedanken: bei meinen Kollegen im Vorstand sowie allen, die uns aktiv unterstützen. Ein besonderer Dank gilt meiner Familie, die uns von Beginn an bei der Vereinsgründung zur Seite stand. Ohne euch gäbe es Inter Magdeburg nicht – Fakt.

Wie integrierst du ausländische Spieler in dein Team?

Bei Neuaufnahmen gibt es immer jemanden, der die neuen Spieler an die Hand nimmt. Unser Vorteil ist unsere sprachliche Vielfalt: Wenn jemand ausschließlich Französisch spricht, haben wir jemanden, der Ansprachen, Abläufe und Ansagen übersetzen kann.

Der Rest ergibt sich wortwörtlich spielerisch. Mit dem Ball am Fuß und als Teil einer kulturell diversen Gruppe fällt es leicht, neue Spieler zu integrieren. Sprachliche Barrieren sind kein Problem – alle können teilhaben. Am Ende des Trainings steht keiner mehr allein da, auch wenn er alleine gekommen ist.

Welche Herausforderungen hast du bei der Integration ausländischer Spieler erlebt, und wie hast du diese gemeistert?

Pünktlichkeit und Zeitmanagement sind wiederkehrende Themen. Deshalb setzen wir unsere Treffzeiten meist 90 Minuten vor Spielbeginn an. Ich möchte jedoch betonen, dass die meisten Spieler pünktlich sind.

Mit Geduld, einer gewissen Leichtigkeit und einer Prise Humor konnten wir bisher alle Herausforderungen meistern. Unser junges Trainer- und Vorstandsteam ist nah am Team dran – und das hilft enorm.

Wie unterstützt du ausländische Spieler dabei, sich an kulturelle Unterschiede anzupassen?

Wir sind immer ansprechbar und führen viele Gespräche mit unseren Spielern. Auch in unserer Freizeit verbringen wir viel Zeit miteinander, wodurch sich viele Freundschaften entwickelt haben. Ich glaube, wir vermitteln ein gutes Gefühl dafür, wie Mittzwanziger in Deutschland leben. Gleichzeitig lernen auch wir viel Neues kennen – wir alle profitieren voneinander.

Welche Maßnahmen ergreifst du, um sicherzustellen, dass sich ausländische Spieler im Team wohlfühlen und akzeptiert werden?

Wir behandeln alle gleich. Wer Unterstützung bei der Sprache benötigt, bekommt einen Sprachpaten zur Seite gestellt. Fußball funktioniert in seinen Grundzügen auch ohne viele Worte.

Da viele unserer Spieler einen Migrationshintergrund haben, ist die Integration neuer Mitglieder kein außergewöhnlicher Prozess – sie passiert ganz natürlich. Regelmäßige Gespräche helfen uns, sicherzustellen, dass sich alle wohlfühlen und eventuelle Sorgen ansprechen können.

Wie gehst du mit Vorfällen von Rassismus innerhalb deines Teams um?

Diese Frage wurde mir bereits bei der Vereinsgründung häufig gestellt – und sie ist absolut berechtigt. Natürlich haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie wir mit möglichen Vorfällen umgehen.

Fakt ist: Bisher gab es keine. Und das sage ich mit Stolz, denn unser Team ist der toleranteste und offenste „Haufen“, den ich kenne.

Wie sensibilisierst du deine Spieler für das Thema Rassismus und Diskriminierung?

Wir haben von Anfang an klar kommuniziert, wie wir im Falle rassistischer Vorfälle vorgehen. Wichtig ist: Ruhe bewahren und zusammenstehen.

Sollte es im Spiel zu einem Vorfall kommen, sorgen wir dafür, dass dies im Spielberichtsbogen festgehalten wird – egal, ob es auf oder neben dem Platz passiert. Unsere Ordner sind sensibilisiert. Leider mussten wir feststellen, dass solche Einträge nicht immer gern gesehen werden und mitunter nachträglich entfernt werden. Das zeigt, wie wichtig unser Engagement ist.

Unsere Spieler wissen: Wir stehen zu 100 Prozent hinter ihnen. Sie können jederzeit zu uns kommen, und wir setzen uns dafür ein, dass rassistische Beleidigungen Konsequenzen haben. Zum Glück hatten wir bislang nur wenige Vorfälle.

Kannst du ein Beispiel nennen, in dem du erfolgreich gegen Rassismus vorgegangen bist?

Ein besonders eindrückliches Beispiel war ein Spiel, bei dem ein „Fan“ der Gastmannschaft rassistische Äußerungen tätigte. Unser Ordnerteam meldete dies dem Schiedsrichter, der Linienrichter hatte die Aussagen ebenfalls gehört. Dennoch mussten unsere Ordner fast 30 Minuten Überzeugungsarbeit leisten, damit der Vorfall im Spielbericht vermerkt wurde.

Letztendlich haben wir uns durchgesetzt. Der Haken wurde gesetzt, der Sonderbericht verfasst. Der „Fan“ war sichtlich unangenehm berührt – und ich bin mir sicher, dass das eine Wirkung hatte.

Welche Schritte sind deiner Meinung nach notwendig, um Rassismus im Sport erfolgreich zu bekämpfen?

Zunächst muss anerkannt werden, dass es Rassismus gibt – im Sport vielleicht weniger als im Alltag, aber dennoch vorhanden. Funktionäre müssen dazu ermutigt werden, Vorfälle im Spielbericht zu dokumentieren, genau hinzuschauen und konsequent zu bestrafen.

Wird eine rassistische Beleidigung nur aus privilegierter Sicht betrachtet, kann das die Betroffenen tief treffen. Es ist wichtig, diese Perspektive zu verstehen und ernst zu nehmen.

Was wünschst du dir für deinen Verein FC International Magdeburg?

Ich wünsche mir, dass unser Verein noch mehr Menschen in Magdeburg eine Anlaufstelle bietet – sei es für soziale Kontakte, Freundschaften oder berufliche Perspektiven.

Zudem möchten wir uns verstärkt auch außerhalb des Platzes engagieren, etwa durch Workshops oder Unterstützung bei der Jobsuche. Besonders freue ich mich darauf, in Zukunft viele Kinder bei uns spielen zu sehen, die unsere Werte in die Welt tragen. Kinder werden ohne Vorurteile geboren – und wir wollen dazu beitragen, dass es so bleibt.

Fragen an den Kapitän Daniel Andres Ramon Fernandez

Daniel, Du bist der Kapitän der Herrenmannschaft beim FC International Magdeburg. Wie fühlst Du Dich in Deinem Verein?

Ich fühle mich sehr wohl, integriert und wertvoll. Dieses Team hat mir in sozialer Hinsicht sehr geholfen, da ich nicht nur Teamkollegen, sondern auch ein paar gute Freunde gefunden habe.

Hast Du in Deutschland bereits rassistische Vorfälle erlebt? Wenn ja, wie hast Du darauf reagiert?

In einem unserer ersten Freundschaftsspiele erzählte mir ein Mitspieler, dass ein Spieler der Gastmannschaft zu ihm gesagt habe, „… ob er sich nicht schäme, mit vielen Schwarzen zu spielen…”. Am Ende des Spiels haben wir den Vorfall dem Schiedsrichter gemeldet. Dieser war sehr offen und unterstützend. Er hat gemeinsam mit meinem Mitspieler die betreffende Person angesprochen. Dieser meinte jedoch, er habe dies so nicht gesagt. 

Wie wichtig ist die Unterstützung durch Teamkollegen und Fans im Kampf gegen Rassismus?

Die Unterstützung durch Teamkollegen, Fans und vor allem auch des Trainerstabes ist sehr wichtig.  Wenn man die richtige Unterstützung hat, kann man sich auch öffentlich gegen Rassismus aussprechen. Im Falle von rassismuskritischen Äußerungen sollte man in jedem Fall immer den Trainer und Schiedsrichter informieren und sich Unterstützung holen.

Hast Du positive Beispiele von Solidarität und Unterstützung erlebt, die Du teilen möchtest?

Die größte Unterstützung und Solidarität bekomme ich durch unser Team. Wir haben das Motto “Integration durch Fußball”. Das bedeutet für mich einen weiteren Schritt im Kampf gegen den Rassismus. Ich habe vorher in 2 verschieden Teams kurz gespielt und habe mich nicht so wohl gefühlt, wie bei Inter Magdeburg.

Welche Maßnahmen würdest Du Dir wünschen, um Rassismus im Sport effektiver zu bekämpfen?

Als erstes würde ich mir wünschen, dass alle Spieler*innen, alle Teams, alle Funktionäre verpflichtet sind einmal im Jahr an einem Rassismus-kritischen Workshop teilzunehmen. Des Weiteren wünsche ich mir einen härteren Strafenkatalog bei diskriminierenden Vorkommnissen. Als letztes würde ich mir eine stärkere Sensibilisierung für dieses Thema z.B. über Sozial Media wünschen. Wir möchten alle einfach nur Fußball spielen und dabei keine Angst vor Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung haben. 

- - - - - - -

Der achte und letzte Teil unserer Interviewreihe „Fußball ohne Grenzen“ erscheint am 31.03.2025. Er wird die bisherigen Gespräche zusammenfassen und die Serie abschließen.

Teil 1: „Internationaler Tag der Toleranz“ - FSA startet die Interviewreihe „Fußball ohne Grenzen“

Teil 2:  "Internationaler Tag der Menschen mit Behinderungen": Teil 2 der FSA-Interviewreihe

Teil 3: "Internationaler Tag der menschlichen Solidarität": Teil 3 der FSA-Interviewreihe

Teil 4: Das Ehrenamt im Fokus: Teil 4 der FSA-Interviewreihe

Teil 5: Anlaufstelle für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle im Fokus: Teil 5 der FSA-Interviewreihe

Teil 6: Zero Discrimination Day: Teil 6 der FSA-Interviewreihe

Teil 7: Zero Discrimination Day: Teil 6 der FSA-Interviewreihe - Beitrag 2

Werbung // Sponsored Links


Kontaktdaten

Fußballverband
Sachsen-Anhalt e.V.
 

Geschäftsstelle 

Hegelstraße 30

39104 Magdeburg 


Telefon: +49 391 85028-0 
Telefax: +49 391 85028-99
E-Mail: info@fsa-online.de

Seite empfehlen:


ZUM SEITENANFANG