„Internationaler Tag der Toleranz“ - FSA startet die Interviewreihe „Fußball ohne Grenzen“
Die Interviewreihe „Fußball ohne Grenzen“ hat sich zum Ziel gesetzt den vielen Themenbereichen der gesellschaftlichen Aufgaben des Fußballverbandes Sachsen-Anhalts eine Plattform zu geben. Es geht hierbei um die Sichtbarkeit der Themen Inklusion, Fair Play, Anlaufstelle, Ehrenamt, Vielfalt und Rassismus.
©FSA / Stefanie Dreißig (l.) führte zum Auftakt der Themenreihe ein Interview mit FSA-Geschäftsführer Markus Scheibel und FSA-Geschäftsstellenleiterin Anne Bartke.
Zum Auftakt der Interviewreihe stehen die Geschäftsstellenleiterin Anne Bartke und der Geschäftsführer Markus Scheibel Rede und Antwort und geben neben persönlichen Details auch Einblicke in den Bereich der gesellschaftlichen Aufgaben beim Fußballverband Sachsen-Anhalt:
Wie sah Euer beruflicher Werdegang aus und wie gestaltet sich Eure Rollen als Geschäftsstellenleiterin und Geschäftsführer beim Fußballverband Sachsen-Anhalt?
Markus Scheibel: Aus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Vorsitzender des FSA-Schiedsrichterausschusses wurde 2014 auch mein Beruf. Am 01.07.20214 trat ich meine hauptamtliche Tätigkeit beim FSA an. Zu meinen Aufgabengebieten zählten neben der Betreuung des Schiedsrichterbereiches im Verbandsgebiet fortan die Bereiche des Spielwesens, die DFBnet-Betreuung sowie die IT-Betreuung der FSA-Geschäftsstelle. Aufgrund von Umstrukturierungen war ich später als Abteilungsleiter Spielbetrieb auch für die Passstelle und den Juniorenspielbetrieb verantwortlich. Im Frühjahr 2023 wurde ich vom Vorstand des FSA zum Geschäftsführer berufen. Somit bin ich seit dem 01.04.2023 für ein vollkommen neues, spannendes Aufgabengebiet innerhalb des Verbandes tätig und kann meine Fachexpertise in die einzelnen Bereiche einbringen und mich auch in anderen Aufgabenbereichen weiterentwickeln.
Anne Bartke: Ich bin seit über zwölf Jahren im Verband in diversen Funktionen und Rollen beschäftigt. So startete ich schon frühzeitig als Co-Trainerin im Bereich der weiblichen Talentförderung oder als Referentin im Bereich der Trainerfortbildung.
Im April 2015 habe ich meine erste hauptberufliche Stelle beim Verband angetreten und war für das Projekt DFB-Junior-Coach zuständig. Im Oktober des gleichen Jahres wurde daraus eine Vollzeitstelle mit der Ergänzung der weiblichen Talentförderung. Mit Jahresbeginn 2017 war ich als Lehr- und Bildungsreferentin für die Aus- und Weiterbildung von Trainer*innen und Funktionär*innen im Verband zuständig. Seit August 2021 fungierte ich als Abteilungsleiterin Talentförderung/Qualifizierung und bin seit April 2023 Geschäftsstellenleiterin des Verbandes. Die facettenreichen Aufgaben der letzten neun Jahre und die Zusammenarbeit mit meinen Kolleg*innen im Haupt- und Ehrenamt haben mich täglich wachsen sowie dazulernen lassen und mir wertvolle Eindrücke in die Besonderheiten eines Sportverbandes gegeben. Dabei ist es mir wichtig, ständige Weiterentwicklung voranzutreiben.
Wie steht der Verband den Themen Diskriminierung, Rassismus und Gewalt im Fußball gegenüber?
M.S.: Moderne Zeiten erfordern modernes Handeln. Dies gilt auch für den größten organisierten Sportverein Sachsen-Anhalts. In diesem Sinne ist es auch für den Fußballverband Sachsen-Anhalt erforderlich, sich den Anforderungen der Gesellschaft anzupassen und der eigenen Verantwortung gerecht zu werden. Um diese Bereitschaft zu signalisieren, haben wir zentrale Aspekte der Gesellschaftlichen Aufgaben in die Verbandssatzung übernommen.
Schiedsrichter, als wichtiger Bestandteil des Spiels, stehen im Fokus. Trainings für Deeskalationsmanagement, Workshops zum Thema Rassismus und regelmäßige Schulungen zu Gewalthandlungen gehören zum Alltag und werden für Unparteiische kostenfrei angeboten. Trotz aller Bemühungen können nicht alle Vorfälle vermieden werden. Der Fußballverband Sachsen-Anhalt verfolgt daher eine Null-Toleranz-Politik bei jeglicher Art von rassistischen, diskriminierenden oder Gewaltvorfällen. Alle Meldungen werden geprüft und sportrechtlich aufgearbeitet. Der Fußball stellt ein wichtiges Bindeglied der Gesellschaft dar und versteht sich als offen für jedweden Menschen, unabhängig von Hautfarbe, Herkunft oder Kultur.
A.B.: Wenn wir auf die strukturelle Entwicklung der letzten fünf Jahre zurückblicken, dann hat sich innerhalb des Verbandes eine Menge getan. Wir haben mit der Verankerung einer Vollzeitstelle in der Geschäftsstelle die Bedeutung der Themen klar unterstrichen. Zudem haben wir im ehrenamtlichen Bereich mit Markus Stein einen Inklusionsberater, mit Sam Müller und Lex Keck zwei Ansprechpartner im Bereich Vielfalt und mit unseren Fair-Play Beauftragten weitere Multiplikatoren für die vielschichtigen Themen im Bereich der Gesellschaftlichen Aufgaben. Unser Netzwerk ist in den letzten Jahren größer geworden, weil die Herausforderungen in der Verbands- und Vereinsarbeit dies erfordert haben und auch zukünftig erfordern werden.
Der FSA positioniert sich klar gegen Diskriminierung, Rassismus und Gewalt im Fußball. Diese Themen sind eine ernsthafte Bedrohung für die Werte und die Integrität des Sports. Wir gehen daher gemeinsam mit unserer Kreis- und Stadtfachverbänden, aber auch mit unseren Dachverbänden aktiv und entschieden gegen jegliche Ausprägung in diesen Bereichen vor. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass die präventive Arbeit bei jeder am Fußballsport beteiligten Person selbst beginnt. Jeder kann und sollte sich immer wieder hinterfragen, was man persönlich einbringt, dass der Fußball sicher, gewaltfrei und integrativ ist.
Welche Herausforderungen seht Ihr derzeit in der Arbeit des Verbandes in Bezug auf die gesellschaftliche Aufgaben?
M.S.: Der FSA muss, wie auch viele andere Institutionen, alte Strukturen aufbrechen und neue Wege beschreiten, um seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Neben der Veränderung organisatorischer Abläufe müssen auch Mitarbeitende und ehrenamtlich Tätige mitgenommen werden, da diese in regelmäßigem Austausch mit den Vereinen des Landes stehen. Hinzu kommen auch die Vereine, die ebenso Teil des Prozesses sind und ebenfalls vor den Problemen des gesellschaftlichen Wandels stehen.
A.B.: Die zurückliegenden knapp anderthalb Jahre in meiner Funktion als Geschäftsstellenleiterin haben mir tiefe Einblicke in eine Vielzahl von Fällen auf unseren Sportplätzen und in unseren Vereinen gewährt. Mitunter war das erschreckend und anspornend zugleich. Die persönlichen Schicksale von Spieler*innen, Vereinsfunktionär*innen, Schiedsrichter*innen machen betroffen und hegen die Motivation als Verband, viel mehr noch in die Rolle des Agierenden zu kommen und zukünftig auch präventiv zu wirken. Die großen Herausforderungen sind dabei an diverse Ressourcen gebunden. Zum einen sind das Personalressourcen sowohl im Ehren- als auch im -Hauptamt und zum anderen müssen wir immer wieder auch wirtschaftliche Ressourcen bewerten. Welche Mittel stehen uns als Sportverband zur Verfügung? Können wir auf Fördermittel zugreifen? Mit welchen Verbundpartner können wir zusammenarbeiten? Hier gilt es uns zukunftsfähig aufzustellen und nachhaltige Strategien und Vision zu entwickeln.
"Die stark ansteigende Anzahl von Gewaltvorkommnissen in allen Altersbereichen beobachten wir erschrocken"
Wie seht Ihr die Rolle des Fußballs in der Gesellschaft in den nächsten fünf bis zehn Jahren im Allgemeinen?
M.S.: Zur Förderung unserer Initiativen streben wir die Gewinnung von Partnern für die Vermarktung und Durchführung von Veranstaltungen an, unterstützen die Weiterbildung ehrenamtlicher Referenten, etwa im Bereich der Inklusions-Schiedsrichterausbildung, und setzen uns für die Etablierung dezentraler Schulungsmöglichkeiten im Deeskalationsmanagement ein.
A.B.: Es gilt den Bereich der Gesellschaftlichen Aufgaben nachhaltig weiterzuentwickeln und voneinander unabhängige Strukturen zu schaffen. Aktuell besteht ein großer Teil unserer Arbeit damit, auf Fälle und Ereignisse zu reagieren. Wir wollen durch Kontinuität und ein breit aufgestelltes Netzwerk vor allem auch im Bereich der Prävention Weiterentwicklung anschieben. Dafür wird es wichtig sein, unser Netzwerk weiter auszubauen und alle Mitstreiter*innen zu stärken, zu qualifizieren und für die Herausforderungen der Vereins- und Verbandsarbeit vorzubereiten.
Thematisch möchte ich zwei Kernthemen ab 2025 nennen. Die Stärkung von Frauen und Mädchen im Fußball hat sich der Verband auf die Fahne geschrieben und seit Januar 2024 in einer ergebnisreichen Arbeitsphase eine Kampagne entwickelt, die im Dezember 2024 veröffentlicht wird. Hier werden bis 2028 eine Vielzahl von Maßnahmen auf eine nachhaltige Förderung von Frauen und Mädchen im Fußball einzahlen.
Die stark ansteigende Anzahl von Gewaltvorkommnissen in allen Altersbereichen beobachten wir erschrocken und intensiv. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Mannschaften oder Spielern und Schiedsrichter*innen. Diese Tendenz muss gestoppt werden.
Zum Abschluss noch die Frage, ob es eine besondere Erinnerung oder ein Erlebnis im Fußball gab, das Euch geprägt hat?
M.S.: Erinnerungen und Erlebnisse hatte ich in meiner Schiedsrichterzeit sehr viele auf meinen Reisen auf drei Kontinenten, aber diese zu erzählen würde den Rahmen sprengen. Besondere Erlebnisse waren aber immer die Kontakte mit den Menschen vor Ort, die es nicht so leicht im Leben hatten und nicht in der Mitte der Gesellschaft standen. Hier ist mir in Erinnerung geblieben, dass man immer offen, mit einer großen Herzlichkeit empfangen wurde und Dankbarkeit zu spüren bekam. Dazu bedurfte es keiner großen Geschenke und Mitbringsel, sondern es reichte eine kleine Süßigkeit und die Kinderaugen leuchteten. Da sah ich immer, dass der Sport verbindet.
A.B.: Fußball ist für mich gekennzeichnet durch Gemeinschaft und Zusammenhalt. Nachdem ich viele Jahre als Turnerin in einer Einzelsportart auf mich allein gestellt war, erlebte ich mit der Mannschaftssportart Fußball schnell die besondere Magie eines Teams. Ich blicke auf viele Jahre voller Erfolge und Niederlagen und durfte auf vielen Sportplätze in Sachsen-Anhalt aber auch in ganz Deutschland Fußball spielen. Siege zu feiern aber auch sich nach Niederlagen als Team aufzufangen und neue Motivation zu schöpfen, machte diese Sportart für mich so mitreißend. Es entstehen aus diesen Momenten Verbindungen für die Ewigkeit, die mich auch nach meiner eigenen aktiven Zeit bewogen haben, mich ehrenamtlich im Verein zu engagieren. Nur so kann Gemeinschaft auch zukünftig funktionieren.
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Nächster Themenschwerpunkt ist der Bereich Inklusion. Dazu erwartet euch ein Interview am 03.12.2024, dem „Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung“ mit unserem Inklusionsbeauftragten Markus Stein und dem Inklusionsschiedsrichter Hennig Becker.