FSA-Präsident Holger Stahlknecht im Interview

Fast auf den Tag genau vor zweieinhalb Jahren wurde auf dem 9. Ordentlichen Verbandstag ein neues Präsidium des Fußballverbandes Sachsen-Anhalt (FSA) gewählt. Seit seiner Wahl zum Oberhaupt des Landesverbandes kann Holger Stahlknecht als Präsident auf eine ereignisreiche Zeit zurückblicken. Im Interview mit dem FSA-Pressesprecher Robert Kegler spricht der Präsident des Landesverbandes über das Jahr 2023 und blickt auf Kommendes im neuen Kalenderjahr.

FSA-Präsident Holger Stahlknecht (l.) im Dialog mit Vereinsvertretern. / © Robert Kegler

Herr Stahlknecht, wie haben Sie das sportliche Kalenderjahr 2023 wahrgenommen und was waren für Sie die großen Höhepunkte?

Sehr geehrter Herr Kegler, ich freue mich, dass wir heute das Interview führen. Ich möchte aber als erstes allen Lesern ein und gutes Jahr 2024 wünschen, maximale sportliche Erfolge und viel Gesundheit!

In besonderer Erinnerung ist mir aufgrund der tollen Atmosphäre das Landespokalfinale in Halberstadt geblieben, wo der Hallesche FC gegen den FC Einheit Wernigerode gespielt hat. Es war eine sehr sportlich faire Stimmung. Auch die Eröffnung der Herren-Verbandsliga in Ilsenburg war aus meiner Sicht ein voller Erfolg. Dies zeigt mir, dass die Fußball-Familie in Sachsen-Anhalt zusammenhält. Auch dass der 1. FC Magdeburg und der Hallesche FC jeweils den Klassenerhalt einfahren konnten, waren gute Momente für den Sport in unserem Bundesland. Und wenn Sie mir erlauben, würde ich den Blick über den Tellerrand werfen und auch die Siege der Basketballer bei der Weltmeisterschaft sowie der U 17-Nationalmannschaft haben mich sehr gefreut.

Neben den eben skizzierten Highlights musste sich der Landesverband im abgelaufenen Jahr auch mit dem Ausschluss eines Vereins auseinandersetzen, um ein deutliches Signal gegen Rechtsextremismus und Gewalt in jeglicher Form zu setzen. Wie nehmen Sie das Stimmungsbild auf den Plätzen in Sachsen-Anhalt grundsätzlich wahr?

Für mich ist ganz klar, dass Sport Sport sein muss und nicht durch Politik instrumentiert werden darf. Grundlage muss auch sein, dass Extremismus, in welcher Form auch immer, nichts im Sport zu suchen haben darf! Und da werden wir auch klare Stoppzeichen setzen. Dies sind wir der Sportfamilie, den Fans und dem Ansehen unseres Bundeslandes sowie unseres Fußballverbandes und den Vereinen schuldig. Das ist mit mir nicht verhandelbar! Wenn Gerichte es am Ende anders entscheiden, ist es die Unabhängigkeit der Justiz, was aber nichts an meiner tiefsten innersten Überzeugend ändert, dass Sport fair stattzufinden hat und politische Auseinandersetzungen wie Extremismus und Antisemitismus im Sport nichts zu suchen haben.

Was ich persönlich wahrnehme, und ich bin sehr oft in den Vereinen unterwegs, ist, dass wir tolle Sportlerinnen und Sportler sowie Ehrenamtliche in Sachsen-Anhalt haben, die sich mit Herzblut für ihre Vereine engagieren. Es besteht eine faire Vereinslandschaft und die wenigen schwarze Schafe dürfen nicht dazu führen, dass ein falscher Gesamteindruck entsteht. Sachsen-Anhalt, insbesondere der Fußball ist weltoffen, ist fair und so nehme ich das auch wahr.

Besitzt der Fußball eine integrative Wirkung, um dem vermeintlich gesellschaftlichen Auseinanderdriften entgegenzuwirken?

Fußball hat eine hohe integrative Wirkung. Es wird gemeinsam Sport getrieben und es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob jemand arm oder reich ist, oder woher die Akteure stammen. Hier geht es um Zusammenhalt und die Vereine sind im Grunde der soziale Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Die Wirkung des Sports für die Gesellschaft kann man gar nicht hoch genug bewerten und man sollte es nicht unterschätzen, wie wichtig der Sport für den sozialen Frieden ist.

Sie fungieren seit 2021 als Präsident des Fußballverbandes Sachsen-Anhalt. Was waren bislang die größten Herausforderungen im Amt?

Wenn man ehrlich ist, haben wir 2021 einen Verband vorgefunden, der ein Sanierungsfall war. Die Herausforderung war, dass es keine rechtsichere Satzung gab, es gab kein Leitbild und im Finanzbereich gab es durch die Veruntreuung eine große Unruhe sowie fehlende finanzielle Planbarkeit. Der Verband wurde seit 2021 auf gute finanzielle Beine gestellt, ein Controllingsystem wurde zudem installiert. Es wurde eine GmbH gegründet, die über Sponsoringverträge mit großen Partner Projekte ermöglicht. Man kann nach zweieinhalb Jahren ein Zwischenfazit ziehen, dass wir den Verband saniert und zukunftsfähig aufgestellt haben. Aber es gibt noch viel zu tun.

Im Dezember 2023 wurde auf Initiative der Kreisfachverbände ein Außerordentlicher Verbandstag einberufen, um die Finanzaffäre aus dem Jahr 2020 aufzuarbeiten. Wie bewerten Sie den Beschluss, der an diesem Abend in Schönebeck getroffen worden ist?

Die größte Herausforderung besteht aktuell darin, dass ein unabhängiger Gutachter festgestellt hat, dass der bis 2021 amtierende Vorstand seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen ist und dadurch diese inkriminierende Handlung einer ehemaligen Mitarbeiterin überhaupt erst möglich wurde. Da mussten wir am Ende Schadensersatzforderungen geltend machen, dafür haben wir auch eine absolute Mehrheit auf dem Außerordentlichen Verbandstag in Schönebeck erhalten. Ich sage an dieser Stelle aber auch, dass ich ehrenamtlichen Mitstreitern natürlich ungern kurz vor Weihnachten ein Anwaltsschreiben auf den Weg schicke, in dem sie aufgefordert werden, Schadenersatz zu leisten. So etwas ist mir nicht leichtgefallen, aber ich betone auch, dass es alternativlos war, da bei einer Verjährung ich persönlich gemeinsam mit dem jetzigen Vorstand gehaftet hätte. Und jeder kann nachvollziehen, dass ich nicht die finanzielle Verantwortung für etwas übernehme, was andere mitorganisiert haben. Zudem haben wir eine Vermögensbetreuungspflicht für den Verband und sind auch deshalb gehalten, solche rechtlichen Forderungen geltend zu machen und gegebenenfalls durchzusetzen.

Blicken wir auf das Kerngeschäft des FSA, den Spielbetrieb. Der FSA war einer der ersten Landesverbände im Nordostdeutschen Fußballverband, der das Gemischte Spielen für die laufende Saison initiiert hat. Welche Erfahrungen wurden hier gesammelt und kann das Pilotprojekt auch dauerhaft umgesetzt werden?

Ich habe sehr viel Zuspruch von jungen Frauen erhalten, dass wir das Gemischtes Spielen pilotiert haben. Ich denke, dass es auch der richtige Weg ist. Wir reden nicht darüber, diese Möglichkeit in den oberen Ligen oder im Profifußball installieren zu wollen, sondern zur Stärkung des ländlichen Raumes, wo weniger Menschen leben und es schwieriger ist, Mannschaften aufzustellen. Es gab auch kritischen Stimmen, die können auch geäußert werden, aber ich stehe zu diesem Projekt.

Auch der Kinderfußball soll reformiert werden. Warum sind aus Ihrer Sicht klassische Denk- und Verhaltensweisen im Kinderfußball nicht mehr zeitgemäß?

In erster Linie soll die Freude am Sport vermittelt werden und nicht der übertriebene Ehrgeiz, der von außen durch Eltern und Trainer auf das Spielfeld getragen wird. Für die Entwicklung des Kindes ist es aus meiner Sicht von Vorteil, nach dem neuen Modell zu spielen. Von Vereinen, die bereits nach den neuen Formen des Kinderfußballs Turniere bestreiten, habe ich durchweg eine positive Resonanz gespiegelt bekommen, da die Kinder mehr Einsatzzeiten sowie Ballkontakte erhalten. Sport stärkt die Bewegung und die soziale Kompetenz und insofern denke ich, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Ich stehe dem sehr positiv gegenüber.

In diesem Jahr wird Deutschland neben der Handball-Europameisterschaft auch die Fußball-EM als Gastgeber ausrichten. Wird es ein weiteres Sommermärchen geben und kann der Fußball in Sachsen-Anhalt von der EM profitieren?

Das hängt von der Performance unserer Nationalmannschaft ab. Es kann ein Märchen werden, wenn die Mannschaft ins Halbfinale kommt. Da entsteht Euphorie und kann Auswirkungen auf den Sport hier haben. Der Boom entsteht, wenn die Nationalmannschaft gut abschneidet. Dann werden wir auch mehr Menschen für den Fußball gewinnen, insbesondere die jüngeren. Von diesem Sogeffekt wird dann der Amateurfußball profitieren und auch dem DFB würde ein erfolgreiches Abschneiden sicher guttun, da dann Werbeerträge gesteigert werden, die auch den Landesverbänden zugutekommen. Denn hinter jedem sportlichen Erfolg steckt auch ein wirtschaftlicher Erfolg. Ich hoffe auf eine gute Europameisterschaft, wir werden gute Gastgeber sein und ich werde das eine oder andere Spiel im Stadion verfolgen.

Welche Hausaufgaben hat der Fußballverband noch zu bewältigen, wenn wir über die Entwicklung des Amateurfußballs in unserem Bundesland reden?

Wir brauchen eine verlässliche Planung der Spielzeiten mit frühzeitiger Verkündung der wichtigen Termine. Wir brauchen Lösungen für ländliche Gegenden, hier führe ich mal den Begriff der Spielgemeinschaften an. Auch das Thema Sportstättenförderung wird uns begleiten, was aber hauptsächlich über das Ministerium für Innern und Sport verantwortet wird. Aber auch dort werden wir eine gewichtige Stimme für unsere Vereine sein.

Vielen Dank für das Interview!

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